Nebenan haben sich die Kinder den Fernseher angeschaltet. Es läuft die Disneys Pinocchio, den wir gestern Abend aufgenommen haben. Der Große hat es sich auf dem Sofa bequem gemacht, die mittlere auf dem Sessel und die Jüngste auf ihrer Kinderdecke, die zusammengeknüllt auf dem Teppich liegt. „Immerhin ist ’ne Decke drunter“, denke ich, denn alle drei haben ein Eis in der Hand.
Ernährungsphysiologisch ist das, was hier um 7:58 Uhr an einem Samstagmorgen vor sich geht, wahrscheinlich höchst fragwürdig. Fürs Zeitmanagement und den allgemeinen Familienfrieden jedoch höchst wertvoll. Mir lässt es nämlich die Zeit, einen Blick auf die vergangene Woche zu werfen, während meine Beine noch unter der Bettdecke stecken.
Montag: Später ist manchmal besser
Was habe ich gegrummelt, als ich die Stundenpläne meiner (nun) zwei Schulkinder sah. An keinem Tag fängt ihr Unterricht zur gleichen Zeit an. Was ist nur aus diesem in Stein gemeißelten Unterrichtsbeginn um 8.00 Uhr geworden, an dem sich die ganze Tagesroutine ausrichtete?
Heute bin ich froh, dass wir es ein bisschen gelassener angehen können, denn ich komme nicht so richtig in die Gänge. Mir fehlt das Licht draußen. Statt Sonne nur Straßenlaternen beim Frühstück. Es ist unverkennbar Herbst.
Dienstag: Hallo Leipzig!
Während der Rest der Familie noch am Frühstückstisch sitzt, winke ich und husche zur Tür hinaus. Mit dem ICE geht es nach Leipzig. Ich werde dort von 10 bis 17 Uhr ein Homepage-Seminar für pädagogische Fachkräfte geben. Ich genieße mein rollendes Büro und die Brandenburger Landschaft, die noch im Nebel liegt. Endlich kann ich auch das Whitepaper zum Thema Online Reputation lesen, das ich im Büro nicht geschafft habe. Darin schließt ein Satz einmal mehr den Kreis von meinem beruflichen Ich zu meinem Blogger-Ich.
Genauso wenig, wie Kunden plumpe Werbung mögen, möchten #Influencer instrumentalisiert oder ausgenutzt werden.@MiuSuCo via @NetPress_team
— NetWorkingMom (@NetWorkingMom) September 27, 2016
Es ist ein intensiver und sehr guter Workshop mit tollen Teilnehmenden. Daran kann auch der mittelmäßige Seminarraum in einem ansonsten tollen Gebäude nichts ändern. Wie immer an solchen Tagen bekomme ich von der Stadt nicht viel mit. Aber es reicht für einen kleinen Umweg durch die Leipziger Innenstadt. Ich bin nicht erst seit unserem Kurzbesuch im Motel One Leipzig ein bisschen verliebt in Leipzig.
Auf dem Rückweg habe ich das unverschämte Glück, im recht vollen ICE das gesamte Kleinkindabteil für mich allein zu haben. Ich warte darauf, dass doch noch eine Familie kommt, aber es kommt nicht einmal die Zugbegleitung, um die Fahrscheine zu kontrollieren. Nur später gesellt sich ein Mann zu mir, der (wie ich später erfahre) im November zum ersten Mal Vater wird und mal schauen will, wie es sich in diesem Abteil so fährt, das er bisher noch nie von innen gesehen hat.
Bis Berlin schaffe ich es, ein großartiges Interview im SPIEGEL Wissen mit Friedemann Schulz von Thun zu lesen. Dass das Heft, das ich mir am Bahnhof gekauft habe, schon vom März 2015 ist, merke ich erst viel später. Spannend: Der viel beschworenen Authentizität in der Kommunikation, die nicht erst seit 2015 auch in Bloggerkreisen Konjunktur hat, zieht er das Leitbild der Stimmigkeit in der Kommunikation vor.
Mittwoch: War irgendwas?
Kennt jemand diese Tage, die so schnell verfliegen, man eigentlich immer mit irgend etwas beschäftigt war und sich am Ende trotzdem fragt: „Was habe ich heute eigentlich gemacht?“
So ein Tag war Mittwoch. Ich weiß nicht einmal mehr, was es zu Essen gab.
Donnerstag: Hochtouren im Büro, Runterkommen in der Schule
Bei uns es ist so, dass die Jüngste mit ihren zweieinhalb Jahren besser damit zurecht kommt, wenn ich sie wegen eines Termins gar nicht erst vom Kindergarten abhole, sondern jemand anders das übernimmt. Eine Mama, die kurz da ist, um dann wenig später wieder fort zu müssen, ist nicht selten der Grund für lautes Gezeter.
Mein Arbeitstag, den ich wegen krankheitsbedingten Ausfällen im Kollegium und Vorbereitungen für eine wichtige Veranstaltung unter „das muss ich bitte nicht täglich haben“ verbuche, ist lang an diesem Donnerstag. In der Kantine gibt’s zur Erheiterung herbstliche Poesie am Kräutertopf. Gut, dass ich mich gegen hastiges Essen vorm Bildschirm entschieden habe. Das Essen und die Tischgespräche bestätigen mich in meiner Entscheidung.
Immerhin kann ich den Elternabend des Großen Kindes in der Schule unter „so kann das öfter ablaufen“ einsortieren. Er endet mit einer hausgemachten Zitronenlimo im Restaurant, gleich um die Ecke der Schule. Der Abend ist überraschend mild und ich laufe die zweieinhalb Kilometer nach Hause. Ich nehme mein Resümee vom Elternabend mit dem Smartphone auf und will sie eigentlich einer befreundeten Mutter schicken, die nicht dabei sein konnte. Später merke ich, dass man mit der App, die ich dafür ausprobiert habe, keine Aufnahmen dieser Länge exportieren kann.
Also verschicke ich doch einfach nur meine Notizen. Die Aufnahme macht sich aber am Ende doch noch bezahlt. Auf die Frage meines Mannes, wie denn der Elternabend so war, drücke ich den Wiedergabeknopf, während ich mir drei Maiskolben mit Kräuterbutter schmecken lasse.
Freitag: Ganz nah dran an der Macht
Deutscher Bundestag, Reichstagsgebäude, Berlin: Ich übe Geduld bei der strengen Einlasskontrolle, die die Rolle Tesafilm in meiner Tasche für einen potentiell gefährlichen Gegenstand hält. Ich schaffe es zusammen mit den weltbesten Kolleg*innen, ein Regiepult zu bedienen, mit dessen Bedienoberfläche man wahrscheinlich auch bemannte Raketen ins All schicken kann.
Dann geht es für die nächsten zwei Stunden um Qualität in der Frühpädagogik und die externe Evaluation als Bestandteil der Qualitätsentwicklung. Es spricht unter anderem Kathrin Bock-Famulla von der Bertelsmann Stiftung. Sie gibt einen Einblick in den aktuellen Stand der externen Qualitätserfassung und erinnert daran, dass die Frage nach Qualität, nie eine einfache Antwort zur Folge haben sollte. Das statische Verständnis vom Begriff Qualität müssten wir hinter uns lassen. Es gäbe eben kein universelles Konzept, sondern viel mehr sei es ein Merkmal von Qualität, sich und sein Handeln kontinuierlich zu hinterfragen.
Das ist eine Auffassung, die ich komplett teile und auch in Bezug auf (Eltern)blogs ganz spannend finde. Was bedeutet Qualität beim Bloggen? Was misst man da? Wer misst es? Und wie? Welche Aussagekraft haben Blogrankings und Blogsiegel?
Für diesen Freitag kann ich aber die Frage nach der Qualität ganz klar beantworten. Für mich ist es ein Stück Lebensqualität, nach dem Abholen aus Schule und Kindergarten mit meinen Kindern ein Eis schlecken zu können. Für mich gibt es Quark-Karamell-Eis, das ich allerdings später gegen das Mangoeis mit bunten Streuseln eintauschen soll.
Samstag: Der Mythos vom ruhigen Morgen
Schrieb ich eingangs, ich hätte ab kurz nach 8.00 Uhr in Ruhe bloggen können? Ich kam genau bis „Hallo Leipzig!“. Dann war das Bett voller Kinder. Die restlichen Absätze reihten sich erst im Laufe des Tages aneinander.