Schon wieder flimmert einer dieser Werbespots über die Mattscheibe, bei dem Papa und Kind total glücklich am Tisch sitzen – natürlich draußen an der frischen Luft im grünen Garten – und der Vater ganz stolz, das richtige Produkt gekauft zu haben, die Vorzüge der Kindermilch vom TetraPak abliest. So viel pralles Glück in 30 Werbesekunden sind mir zu viel. Was das soll, brauche ich mich nicht zu fragen. Aus Sicht von Hipp, Alete, Milupa und Co. ist mir natürlich klar, warum man versucht, die Produktpalette an Pulver- und Fertigmilch noch auf die über Einjährigen zu verlängern.
Doch bei den Versprechen, mit denen um die Gunst der Käufer geworben und an das Gewissen der Eltern appelliert wird, stößt es mir sauer auf. „Gesünder als Kuhmilch“ – so preisen Hersteller von Säuglingsnahrung ihre „Kindermilch“. Je nach Rezeptur soll sie Kleinkinder ab einem Jahr zusätzlich mit Omega-3-Fettsäuren, Vitaminen oder Eisen versorgen. Weiteres Werbeversprechen: reduzierte Eiweißgehalte, weil man mit der blöden Kuhmilch ja in puncto Eiweiß so viel falsch machen könne.
Ernährungsexperten halten die Mixturen auf Milchbasis für überflüssig und verteidigen die altbewährte Kuhmilch. Auch bedenklich: Kindermilch ist oft aromatisiert – so lernen Kinder den natürlichen Milchgeschmack nicht kennen. Die Verbraucherzentrale hält außerdem den Begriff „Kindermilch“ für zweifelhaft: Es handle sich bei dem Produkt nicht um Milch, sondern um ein Pulver, das auf Basis von Magermilch mit Zutaten wie Maltodextrin als Füllstoff, pflanzlichem Öl, Zusatzstoffen und Aroma zusammengemischt würde. Einige Produkte würden zudem mit hohem Calciumgehalt beworben, obwohl dieser um ein Drittel geringer sei als bei Kuhmilch. Bis zu dreimal Höher allerdings ist der Preis pro Liter Kindermilch im Vergleich zu Kuhmilch.
HIPP, die neben Kindermilch ab 12 Monaten und noch eine weitere Sorte ab 24 Monaten anbieten, werben neben dem üblichen Schnickschnack auch noch mit einer „einzigartigen Kombination aus natürlichen Milchsäurekulturen und präbiotischen Ballaststoffen“. Letztere sollen, täglich getrunken, eine gesunde Darmflora fördern. Besser Kacken für Kinder dank Kindermilch! Bravo.
Milupa hat sich richtig viel Gedanken gemacht und prompt zu seiner Kindermilch geschrieben: „Ab 1 Jahr wird Ihr Kind nun Schritt für Schritt in die Erwachsenenkost eingeführt. Jetzt stellen sich viele Fragen zur optimalen Ernährung. Der aktuelle Ernährungsbericht zeigt, dass mit der üblichen, ausgewogenenen Ernährung bei Kleinkindern heute dennoch manche Lebensmittel – und damit entsprechende Nährstoffe – zu viel und andere zu wenig gegessen werden. Deshalb haben unsere Forscher Aptamil Kinder-Milch entwickelt.“ Schon klar. Weil die Eltern zu verwirrt oder zu doof sind, ihre Kinder richtig zu ernähren, kommt die Kindermilch daher und alles wird gut.
Natürlich möchte ich auch das Highlight, quasi die Luxusklasse der Kindermilch nicht unerwähnt lassen, die im vergangenen Jahr auf den Markt kam. Der Latte-Macchiato für das trendbewusste Baby war ohnehin längst überfällig. Nestlé hat mit BabyNes eine Art Kapselautomaten entwickelt und natürlich in seine Produktpalette auch gleich die Kapseln für 13 bis 24 Monate alte Kinder aufgenommen.
Nestlé ist auch der Hersteller, der auf seine BEBA Kleinkind-Milch drucken lässt, dass sie „feine Reisstärke für angenehme Sättigung“ enthält. Tatsächlich zeigt die Liste der Inhaltsstoffe, dass immerhin 16,3% Reisstärke in dem Gemisch drin ist, dass sich „Milch“ nennt.
Na, dann Prost!
Dieser Automat ist schlimm. Ich dachte erst, das wäre ein Scherz! Und die Frau auf dem Foto, die wohl die Mutter des feisten blonden Wonneproppens darstellen soll, sieht aus wie die grosse Schwester, die grad Abi macht. Nee, Sachen gibt’s…
Lieben Gruss, Christine (die grad Latte Macchiato trinkt) ;)
Tja, da denkt man, man kennt schon alle Produktideen aus Absurdistan und wird dann doch eines Besseren belehrt… Ich erhebe mein Latte-Macchiato-Glas zurück.
(Der geht bei mir so kurz vor 20 Uhr als flüssiger Nachtisch durch.)