Wer gedacht hat, so ein Mama-Sportkurs mit Kinderwagen bleibt ein Einzelphänomen, wird im Volkspark Friedrichshain sicher demnächst eines Besseren belehrt werden. Nicht nur, dass ich jetzt schon fast einen Monat bei LaufMamaLauf dabei bin und es mir noch immer jede Menge Spaß macht. Inzwischen tummeln sich an verschiedenen Wochentagen schon Kinderwagengruppen von zwei verschiedenen Kursanbietern auf den Parkwegen herum. Von der Menge an Kinderwagen schiebenden Müttern macht das aber kaum einen Unterschied, denn durch seine Lage genau zwischen Friedrichshain und Prenzlauer Berg, kann man im Volkspark Friedrichshain ohnehin keinen Meter weit mehr blicken, ohne einen Kinderwagen zu sehen. Besucher dürften sich mittlerweile schon an den Anblick gewöhnt haben.
Es scheint aber immer noch ein Phänomen zu sein, das der Sichtung eines rosaroten Elefanten gleich kommt, wenn die Mütter hinter den Kinderwagen plötzlich Sportübungen machen. Inzwischen denke ich, alle möglichen Blicke und Kommentare zu kennen, die man so während des Trainings mitbekommt. Von den meisten Passanten kommen nur erstaunte Blicke und man bleibt auch gern mal für ein paar Sekunden stehen. Jüngere Leute zücken auch gern schon mal die Handykamera (gern auch hinter hochgehaltenem Taschenbuch). Wortmeldungen kommen allerdings gern von allein laufenden Herren mittleren Alters, die ordentlich Hüftgold mit sich herumtragen. Zwei Mütter und ich haben schon überlegt, ob wir nicht demnächst zum Zeitvertreib LaufMamaLauf-Bullshit-Bingo spielen sollten. Die Bingo-Karten könnten wir dann z.B. füllen mit Sätzen wie: „Habt ihr sonst nichts zu tun?“ oder „Muss man dafür auch noch Geld bezahlen?“. Der beste Beitrag kam aber von dem älteren Herrn mit der Wampe und der Plastiktüte in der Hand. Er fragte im Vorübergehen: „Na, ihr Schwaben, fühlt ihr euch wohl hier bei uns in Berlin?“ Wer nicht weiß, was es heißt, in Berlin als Schwabe betitelt zu werden, der lese den Artikel „Schwaben raus!“ von der Süddeutschen oder den Artikel „Die Super-Wessis und Proto-Yuppies“ von der FAZ.
Ich bin kein Schwabe, ich bin noch nicht mal Wessi. Aber ich gebe zu, dass ich meine Elternzeit nicht nur dazu nutze, im stillen Kämmerlein mein Baby zu schaukeln und Staub zu wischen. Ich beziehe Elterngeld und habe dafür vor meiner Elternzeit auch entsprechend gearbeitet. Nun erlaube ich mir, meine sogenannte „bezahlte Freizeit“ nach meinen Vorlieben zu gestalten. Immerhin geht es im August schon wieder rein ins Berufsleben. Und wenn es mir gut tut, mich zweimal in der Woche in Sportkluft und mit Kinderwagen im Park zu bewegen, dann mache ich das. Die Randkommentare habe ich nicht mit gebucht. Die gibt es gratis dazu. Gratis dazu gibt es aber auch das Gefühl, sich und seinem Körper etwas Gutes getan zu haben. Und dann sind ja dann noch die Gespräche mit den anderen Müttern. Auch beim zweiten Kind – wenn man ja eigentlich alles schon mal durchgemacht hat – ist es schön, einfach mal den Frust der letzten schlaflosen Nacht abzulassen. Es ist beruhigend, dass andere Mütter genau dieselben Sorgen und Zweifel haben. Und so manchen Tipp nimmt man auch noch mit.
Am letzten Freitag haben wir spontan ein Picknick an die Stunde Mama-Fitness gehängt. So eine Sportstunde ist genau nach meinem Geschmack. Eine der Mütter hatte auch ihre zweieinhalbjährige Tochter zum Training mitgebracht, die beim Picknick dafür sorgte, dass wir nicht zu viele von den Schokokeksen aßen. Sie vertilgte sie so schnell, dass wir uns ganz der gesunden Ernährung in Form von Obst und Gemüse widmen konnten. Töchterchen kullerte vergnügt auf der Decke herum und biss beherzt auf einer Möhre herum. Herumbeißen ist ja sowieso gerade ihre große Leidenschaft, da sich die unteren Schneidezähne gerade durchs Zahnfleisch schieben. Aber das Jammern über das Thema „Zahnendes Baby“ hebe ich mir für den nächste Stunde Mama-Fitness mit Kind auf.
Ich denke, dass es sehr wichtig für Mütter ist, auch mal an sich zu denken, auch wenn das Baby die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die beste Gelegenheit dazu ist, wie sich eben gezeigt hat, sich mit anderen Müttern zu treffen, um sportlich die Zeit zu verbringen. Da verbessert sich die Laune, auch wenn man eine schwierige Nacht hinter sich hat, Frust wird abgebaut und man sieht den Alltag nicht mehr so tragisch.