{Anzeige}
Im Kinderzimmer herrscht Aufregung. „Jaaa! Jetzt hat er dich auch erkannt, sieht du?“, freut sich mein Sohn und klopft meiner jüngsten Tochter anerkennend auf die Schulter. Er, das ist der Spielzeugroboter Cozmo, der auf dem Schreibtisch meines Großen freudig seine Kranhebel-Ärmchen hebt, laut lacht und wie zur Bestätigung noch einmal den Namen unserer Jüngsten sagt.
Als ich gefragt wurde, ob ich mir selbst einmal ein Bild vom Cozmo Roboter aus dem Hause Anki machen möchte, zögerte ich keine Sekunde und hatte sofort meinen 10-jährigen im Sinn, der bestimmt an diesem Roboter mit künstlicher Intelligenz seine Freude haben würde. Doch schon während wir als fünfköpfige Familie eine Viertelstunde nach dem Auspacken um den Schreibtisch unseres Sohnes herumstehen wird klar, so ein Cozmo schenkt man nicht einfach seinem Kind, man nimmt das diesen niedlichen Roboter in die ganze Familie auf.
Deswegen wird das hier auch kein objektiver Cozmo Roboter Testbericht, sondern einfach unser persönlicher, rein subjektiver Erfahrungsbericht nach den ersten Tagen mit Cozmo. Ich nehme es vorweg: Cozmo ist definitiv ein cooles Kerlchen und ich werde ein bisschen davon berichten, was meine Kinder und ich an Cozmo cool finden.
„Mama, Cozmo spricht ja wie WALL-E!“
Als ich Cozmo aus seiner Verpackung nehme, tue ich das, als wäre er ein rohes Ei. Immerhin kostet dieser kleine Roboter, der nicht größer ist als ein Hamster, 170 Euro. Was mich positiv überrascht, ist, dass ich nicht einmal eine Schere benötige, um ihn aus seiner Schachtel zu befreien und die Zubehörteile auszupacken. Alles, was an Folierungen und Isolierungen abgezogen werden muss, ist farbig markiert und bereits vorperforiert.
Während Cozmo der Ladestation einen kurzen Besuch abstattet, lade ich mir die kostenlose App auf das iPad und verbinde dann Cozmo und App über WLAN miteinander. (Später stelle ich außerdem noch erfreut fest, dass man seinen Cozmo auch problemlos von einem anderen Gerät aus mit der App steuern kann und die Einstellungen erhalten bleiben.)
Keine zehn Minuten nach dem Auspacken steht Cozmo zusammen mit seinen drei Spielwürfeln (Cubes) auf dem Schreibtisch meines Sohnes und entlockt uns mit seiner Niedlichkeit unentwegt „Aaahs“ und „Ooohs“. An Objektivität ist jetzt bereits nicht mehr zu denken. Wer Filme wie Johnny Nr. 5, Baymax und WALL-E mag, wird dem Charme von Cozmo schwer widerstehen können.
Als erstes soll er sich im Erkennungsmodus unsere Gesichter einprägen. Wir tippen den Namen des Familienmitgliedes in die App ein und hören, wie Cozmo freudig diesen Namen ausspricht, sobald er sich dessen Gesicht eingeprägt hat. Die Kinder bemerken sofort: „Mama, der spricht ja wie WALL-E!“ Tatsächlich – so lese ich später bei meiner Recherche – haben sich die Anki Gründer aus San Francisco bei der Entwicklung von Cozmo den ehemaligen Pixar-Angestellten Carlos Baena und ein Team von weiteren Trickfilmanimateuren ins Boot geholt.
Ein paar Schwierigkeiten hat unser Miniatur-WALL-E anfangs, unsere Kinder auseinander zu halten. Die Lichtverhältnisse sind abends nicht mehr die besten und ich kann jedem nur empfehlen, sich für das erste Kennenlernen ein schönes Plätzchen mit reichlich Tageslicht zu suchen.
Ein bewegliches Tamagotchi mit Überraschungen
Wie erklärt man eigentlich, was Cozmo genau macht? Das ist nämlich gar nicht so einfach.
Nach dem ersten Erkunden der App fallen mit die Ähnlichkeiten zum Tamagotchi auf. Der Cozmo Roboter braucht natürlich einen geladenen Akku, will aber auch gefüttert werden, möchte mit seinen Besitzern spielen und braucht hin und wieder ein kleines Tuning.
Ist er wirklich mit künstlicher Intelligenz ausgestattet? Es beschleicht mich das Gefühl, dass seine Lernfortschritte eigentlich nur auf einem festgelegten Programm beruhen. Nach einer bestimmten Anzahl von Tagen werden neue Fähigkeiten freigeschaltet, nach einer bestimmten Anzahl Spielchen, gibt’s eine neue Funktion und so weiter.
Doch die Entwickler betonen in Interviews immer wieder, dass sich Cozmo nicht immer gleich weiterentwickelt. Cozmo reagiere auf die Interaktionen mit seinen Benutzern – oder deren Fehlen – nicht nach einem fest vorgegebenen Schema. Die Reaktionen variieren abhängig vom entwicklungsfähigen Charakter des Roboters, dieser hängt wiederum von der Interaktion mit den Benutzern ab. Ich bin gespannt. Auf jeden Fall kann sich unser Cozmo über zu wenig Abwechslung nicht beklagen. Immerhin fünf Gesichter gilt es zu unterscheiden, wenn er im Erkundungsmodus ist.
Ihn bei seinen Erkundungen zu beobachten, mach ziemlich viel Spaß. Er stapelt und rollt seine Cubes, trällert das eine oder andere Liedchen und beobachtet seine Umgebung. Ach ja, das Spielzeug der Kinder hielt er übrigens fälschlicherweise mal für ein Haustier, bekam Angst und kniff die Augen zu.
Übrigens kann ich jetzt schon sagen, dass Cozmo es gern krümel- und fusselfrei mag auf seinen Erkundungstouren. Wer lange Freude am Cozmo Roboter haben möchte, sollte ihn auf glatten, sauberen Flächen fahren lassen. In der App kann man die Welt mit Cozmos Augen (nun ja, seiner Kamera) sehen und ihn sogar wie ein ferngesteuertes Auto bewegen. Wer weiß, vielleicht nehmen die Kinder dank Cozmo ja sogar jetzt gern mal den Staubsauger freiwillig zur Hand?
Cozmo ist ein guter Spielpartner (aber nicht immer ein guter Verlierer)
Schrieb ich eben über die Ähnlichkeit zum Kult-Spielzeug Tamagotchi? Ja, Cozmo ist vor allen Dingen ein Spielzeug, möchte immer wieder spielen und fordert aktiv dazu auf. Durch die Interaktionen mit Cozmo verdient man Sparks, eine Art virtuelle Währung oder „Leckerbissen“, wie sie der Hersteller Anki nennt. Für ein paar Sparks zeigt Cozmo genau die Tricks, die man möchte oder spielt ein ganz bestimmtes Spiel mit einem. Ohne den Einsatz von Sparks bleibt es den Vorlieben von Cozmo überlassen, was er spielen möchte.
Gespielt wird meistens mit den Cubes, die im Lieferumfang enthalten sind. Neben einfachen Tricks wie das Rollen oder Stapeln der Cubes, gibt es auch drei Spiele, die Cozmo von Anfang an drauf hat: Hau mich, Fang mich und Erinnere dich.
Cozmo Spiel „Hau mich“: Dieses Spiel erinnert ein bisschen an Halli Galli. Sowohl Cozmo als auch der Spieler erhalten einen Cube und müssen auf ihren Cube hauen, wenn die zwei Cubes die gleiche Farbe anzeigen. Aber Vorsicht, bei Rot darf nicht gehauen werden.
Cozmo Spiel „Fang mich“: Schwierig, aber nicht unmöglich. Man schiebt einen Cube langsam auf Cozmo zu und muss ihn dann blitzschnell wegziehen, ehe Cozmo mit seinem Hebearm draufhauen kann. Unser Cozmo hat es mittlerweile drauf, sein Gegenüber ganz schön zu täuschen. Er deutet mit dem Hebearm und jeder Menge Gemurmel an, dass er gleich zuschlagen würde, wartet dann aber geschickt ab, bevor er versucht, den Cube zu erwischen
Cozmo Spiel „Erinnere dich“: Gespielt wird mit allen drei Cubes. Diese leuchten in einer bestimmten Reihenfolge und mit bestimmten Tönen auf, welche man sich merken und danach wiederholen muss. Die Folge wird von Runde zu Runde länger.
Ich bin gespannt, ob im Laufe der Zeit noch weitere Spiele dazu kommen werden. Theoretisch könnte Cozmo immer mehr Tricks und Spiele lernen, denn die App wird fortlaufend aktualisiert.
Coding mit Cozmo – das wirklich Beste am kleinen Roboter
Dass Cozmo wirklich deutlich mehr drauf hat, als vorgefertigte Tricks und Spielchen, merkt man spätestens, wenn man in der App das Code Lab auswählt. Kinder, die erste Erfahrungen im Coding haben, werden sich hier sofort zurechtfinden. Das spielerische Programmieren mit Osmo Coding (ist die Ähnlichkeit der Namen eigentlich von den Herstellern gewollt…?) war für meine Kinder der perfekte Einstieg.
Es ist ein bisschen schade, dass der aus meiner Sicht wirklich geniale Anwendungsbereich von Cozmo, nämlich das Coding, bisher so eine dürftig übersetzte Seite im Customer Care Bereich von Anki hat. Da aber Cozmo auf dem deutschsprachigen Markt noch sehr jung ist, dürfte der Support für alle entdeckungsfreudigen Cozmonauten hoffentlich demnächst ausgebaut werden.
Das Code Lab des Cozmo Roboters macht richtig Spaß und bietet sowohl für Einsteiger als auch für Fortgeschrittete unheimlich viel Potenzial. Wer einen kleinen Einblick haben möchte, wie kreativ sich Cozmo einsetzen lässt, muss sich nur mal Videos wie dieses hier anschauen: Cozmo im legendären „Thriller“ von Michael Jackson. (Ein kleines Schmankerl für alle, die es überhaupt geschafft haben, meinen Cozmo Erfahrungsbericht bis hierher zu lesen.)
Aber nun mal schön der Reihenfolge nach…
Cozmo Code Lab im Sandbox Modus:
Cozmos Code Lab basiert auf dem kindgerechten, grafischen Programmiersystem Scratch Blocks, einer gemeinschaftlichen Entwicklung von Google und dem MIT Scratch Team. Wer sich dafür interessiert, findet hier im Google Developers Blog mehr über Scratch Blocks, das übrigens auch bei LEGO Education WeDo 2.0 zum Einsatz kommt. Aber ich schweife in meiner Euphorie ab, merke ich.
Der Sandbox Modus für Cozmo funktioniert ganz intuitiv und Eltern sind angehalten, hier auch wirklich mal ihre Kinder durch Versuch und Irrtum lernen zu lassen. In unserem Fall war es so, dass die Code-Folge lautete: „Cozmo fährt, bis er einen Cube erkennt, dann hebt er ihn hoch und führt die nächste Aktion erst aus, wenn er ein Gesicht erkennt und dieses Gesicht lächelt.“
So weit, so gut. Doch die Erkenntnis reifte ziemlich schnell, dass Cozmo kein Gesicht erkennen kann, wenn er auf dem Boden fährt und die Sicht der Kamera nach oben durch den Cube eingeschränkt ist, den er gerade hochhält. Also wurden die Code-Blöcke noch einmal neu angeordnet.
Gut gefällt mir, dass man kann eigene Code-Folgen speichern und jederzeit weitergearbeiten kann. Aber die bleiben auf der App und können mit niemandem geteilt werden.
Cozmo Code Lab im Constructor Modus:
Was im fortgeschrittenen Constructor Modus mit Cozmo möglich ist, lassen die in der App gespeicherten Beispielprojekte erahnen. Hier können komplexere Projekte umgesetzt werden. Bis zum eigenen coolen Projekt für unseren Cozmo dauert es bestimmt noch ein paar Tage, aber ich finde auf jeden Fall gut, dass man seine Projekte auch mit anderen teilen kann, wenn man es möchte.
Software Developer Kit (SDK) für Cozmo:
Für alle, die das Programmieren ihres Cozmo Roboters mit bunten Code Bausteinen für Kinderkram halten, stellt Anki ein Software Developer Kit kostenfrei zur Verfügung. Das Cozmo SDK basiert auf der Programmiersprache Python und kann von Entwicklern für verwendet werden.
Eine wahre Fundgrube ist das offizielle Cozmo SDK Forum von Anki. Für die Registrierung muss man allerdings mindestens 13 Jahre alt sein und einigermaßen gut Englisch verstehen können. Auf Facebook gibt es aber schon die erste deutschsprachige Gruppe, die Anki Cozmo Fans D/A/CH, in der man sich über Cozmo austauschen kann.
Ist Cozmo ein Spielzeug, virtuelles Familienmitglied und wohin soll das alles führen?
Dass hier im Blog und auf meinen anderen Social Media Kanälen immer mal wieder Beiträge rund um digitale Medien und das Thema digitale Kompetenzen auftauchen, hat sicher auch mit dem zu tun, womit ich mich beruflich gerade beschäftige. Als Teil des FRÖBEL-Labs „Digitale Medien in der frühpädagogischen Praxis“ passt das Thema zu dem, was mich auch als Mutter umtreibt.
Ich bin der festen Überzeugung, dass digitale Kompetenz weitaus mehr ist, als z.B. ein Tablet bedienen zu können. Unter dem Deckmäntelchen der digitalen Bildung findet sich auf dem Markt auch jede Menge Quatsch, gerade für Kinder. Gute Wege gehen hier zum Beispiel das Digitale Lernzentrum Berlin von Facebook und die HABA Digitalwerkstatt. Ja, HABA kann nicht nur Holzklötzchen und Facebook beschäftigt sich mit weitaus mehr Themen, als die Leute zu noch mehr Werbeanzeigen zu animieren. ;-)
Als erstes Fazit zum Cozmo kann ich sagen, dass er für uns kein Haustier-Ersatz ist. Er sieht knuffig aus, ist aber auch nicht darauf angelegt, ein Lebewesen zu imitieren. Das finde ich auch gut so. Er wird wahrschienlich auch damit zurecht kommen müssen, mal einen Tag komplett auf der Ladestation zu verbringen. (Das kann er aber auch gut aushalten und verhungert nicht gleich!)
Lohnt sich der Preis von derzeit 170 Euro? Das muss natürlich jeder selbst entscheiden. Aus meiner Sicht ist Cozmo für Kinder im Grundschulalter, die schon lesen können und Eltern, die dem gemeinsamen digitalen Entdecken nicht abgeneigt sind, auf jeden Fall empfehlenswert. Alternativ bekommt man für den gleichen Preis zwei ganz in Pink und Rosa gehaltene Barbie Häuser oder genau eine Barbie Traumvilla. Man erhält mehr Kilo Spielzeug pro ausgegebenem Euro, der Plastikanteil ist höher und die Erweiterungen sind hier in jedem Fall kostenpflichtig.*
*Zur Ergänzung: Auch meine Kinder haben Barbiepuppen und spielen gern damit. Ich will damit nur sagen, dass der Kauf von Spielzeug immer eine persönliche Entscheidung ist, die einem kein Testbericht oder Erfahrungsbericht abnehmen kann.
Toller Erfahrungsbericht, der Cozmo Roboter steht bei mir schon lange auf der Liste. Ich würde ihn sehr gerne für menen Sohn kaufen. Denkst du für einen sechsjährigen kommt das zu früh?
Hallo David,
mit Eltern zusammen können ihn auf jeden Fall schon Kinder nutzen, die noch nicht lesen können, denn Cozmo verständigt sich ja auch akustisch. Vieles muss man aber lesen oder jemanden lesen lassen.
LG Sophie