Ich stelle mir gerade vor, ich wäre noch so ein kleiner Hosenmatz wie der sieben Monate alte Frederick (Foto) und meine Mutter Constanze Hosp, Absolventin der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle, würde mir einen merkwürdigen Rückenpanzer aus Kunststoff anlegen. Vielleicht würde ich mir das noch gefallen lassen. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass Kinder sich von ihren Müttern jede Menge Blödsinn gefallen lassen, bis sie die Aktion in Frage stellen und es Protest hagelt.
Spätestens aber, wenn sie mich samt Hartschalenpanzer umschnallen würde, um dann mit mir durch die Gegend zu radeln, würde mir mulmig werden. Es wäre mir in dem Moment auch herzlich egal, dass sie für ihre Erfindung als Abschlussarbeit im Studiengang Industrie-Design mit dem Culturtraeger Designpreis 2011 ausgezeichnet wurde. Ich würde nicht nur so gucken, wie Klein-Frederick auf dem Foto, ich würde brüllen.
Wie heißt es im Artikel auf SpiegelOnline so vollmundig?
„Eltern, die viel mit dem Fahrrad unterwegs sind, kennen die Frage: Wie schütze ich mein Baby am besten bei einem Sturz?*
Bislang waren Anhänger die wohl beste Lösung, doch oft fehlt dabei die körperliche Nähe. … Der Name der Babyrüstung IGI ist abgeleitet vom Schutzpatron der Kinder Virgilius, wie die Jung-Designerin sagt. Sie wollte ihren Sohn beim Radfahren dabei haben, hatte aber nichts gefunden, was ihrem Bedürfnis nach Sicherheit entsprach. Gängige Kindersitze seien ihrer Ansicht nach nicht geeignet für Babys. Auch die Fahrrad-Kinderanhänger sieht sie kritisch.“
Auch beim Radfahren sei ihr der Körperkontakt zum Kind sehr wichtig, lese ich über Designerin Hosp. In zwölf Wochen habe sie ihr Master-Stück gefertigt. Ihre Erfindung funktioniere zusammen mit Tragetüchern und allen gängigen Tragesystemen für Babys. Der Protektor lasse sich in der Größe verstellen und „wächst mit“.
Ich habe schon genügend Mütter und Väter gesehen, die ihr Baby nur mit Tragetuch oder Babytrage vor den Bauch oder auf den Rücken geschnallt auf ihr Fahrrad nehmen und nicht eben langsam durch die Gegend fahren. Jetzt mag man mir mit den Naturvölkern kommen, die ihre Kinder durch alle Zeiten der Geschichte im Alltag bei sich tragen. Ich halte aber dagegen, dass sie sich in der Regel nicht mit einem Fahrrad unter dem Hintern fortbewegt haben und auch nicht mit schnellen Automobilen auf viel befahrenen Straßen rechnen mussten. Ich trage meine Kinder auch gern, aber beim Fahrradfahren hört der Spaß auf.
Als ich lese, dass Professor Dieter Hofmann, der die Abschlussarbeit betreute, die Babyrüstung „extrem innovativ“ nennt und ihr gute Chancen für die Produktion einräumt, muss ich schmunzeln. In diesem Punkt hat er sicher Recht: Es wird immer genügend Eltern geben, die so ziemlich jeden Quatsch kaufen, so lange es „extrem innovativ“ ist und vor allem „was mit Design“ zu tun hat.
*Ich versuche mich mit einer Lösung: Ich schütze mein Baby am besten, wenn es sich weder am oder auf dem stürzenden Fahrrad befindet noch an der stürzenden Mutter festgeschnallt ist.
Äh. Das sieht für mich nicht so aus, als ob es für das Baby angenehm wäre – wollen die wirklich nur den Himmel sehen? Und ich denke, dass Babys erst aufs Fahrrad gehören, wenn sie gross genug für einen ordentlichen Kindersitz sind. Aber interessant ist das, und ich hab’s eben auf der facebook-Seite der von mir betreuten http://www.liliput-lounge.de verlinkt, mal gucken, was die Frauen dort sagen! (Link stelle ich extra nicht rein, will hier ja nicht spammen).
Ach, nettes Verlinken, wenn es thematisch passt, ist doch kein Spammen, sondern ganz im Sinne des Netzwerkgedankens… :-)