Ein Riss im Raum-Zeit-Kontinuum

Eine Lesestunde fürs Baby sind umgerechnet 5 Minuten Ruhe für Mama.
Eine Lesestunde fürs Baby sind umgerechnet 5 Minuten Ruhe für Mama.

Es gibt einige Wahrheiten, die ich als Mutter von drei Kindern endlich akzeptieren muss. Eine davon ist, dass mir leider kein dritter Arm wachsen will, auch wenn das dritte Kind jetzt schon neun Monate alt ist. Damit kann ich noch leben und tröste mich, dass ich immerhin keine neue Kleidung kaufen muss. Eine andere unumstößliche Wahrheit ist, dass ein Tag tatsächlich schon nach 24 Stunden vorbei ist. Leider sind am Ende eines Tages noch so viele Sachen übrig, die ich getan haben wollte.

Irgendetwas stimmt hier nicht und ich befürchte das Schlimmste. Es scheint ein Riss im Raum-Zeit-Kontinuum vorzuliegen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass ich es an manchen Tagen gerade einmal schaffe, Kind 2.0 in den Kindergarten zu bringen und ein Mittagessen zu mir zu nehmen. Den Rest der Zeit verbringe ich mit Kind 3.0 auf dem Arm oder auf dem Bett. Mit genügend mütterlichem Geschick ist auch ab und zu noch ein Gang zur Toilette drin. Was zum Kuckuck ist mit den Tagen passiert, an denen ich so viel geschafft habe?

Sie müssen alle in den Riss gefallen sein und sind nun unwiederbringlich verschwunden. Zum Glück gehört mein Mann nicht zu der Sorte, die einen beim Heimkommen mit einem Rundumblick durch die Wohnung fragen, was man eigentlich den ganzen Tag gemacht hätte. Dafür liebe ich ihn. Und dafür, dass er jeden Morgen aufsteht und den Frühstückstisch deckt, zu dem ich nur noch schlaftrunken taumeln muss und meinen Milchkaffee schlürfe.

Die einzige Lösung, die mir dank fortgeschrittener Stilldemenz eingefallen ist, wäre die Benutzung eines Subraumkorridors. Ihr wisst schon. Ich müsste nur mein Warpfeld und meine Schildblase entsprechend modulieren und könnte ihn benutzen, quasi als zeitliche Abkürzung durch den Normalraum. Im Normalraum würde sich Kind 3.0 aus der Bauchlage in den Sitz begeben, was sie seit ein paar Tagen bestens beherrscht. Dann würden ungefähr 30 Sekunden vergehen, bis sie nach hinten umkippt, weil sie das Gewicht ihres Kopfes unterschätzt hat. Dass danach sofort ohrenbetäubendes Gebrüll folgt, weil sich der gesamte Weltschmerz in meinem Kind vereint, brauche ich sicher nicht zu erwähnen.

Eine dritte Wahrheit ist: Ich beherrsche leider keine Subraumflüge und kann in den 30 friedlichen Sekunden, die Kind 3.0 auf dem Teppich sitzt, leider nicht so viel erledigen, wie ich gern würde. Deswegen schreibe ich zum Beispiel Blogartikel nur noch, wenn alle drei Kinder schlafen, mein Gehirn allerdings schon den Aggregatzustand von Apfelmus angenommen hat. Deswegen beglückwünsche ich alle, die bis hierher mitgelesen haben und ein bisschen verstehen können, was ich meine.

 

Kurze Erklärung zum Foto: Eine Lesestunde für Kind 3.0 entspricht übrigens 4,5 friedliche Minuten für Mütter in Normalzeit. 

21 Kommentare

  1. Hi, ich kann es sehr gut nachvollziehen was du meinst. Zwar bin ich der Papa nur eines Kindes ( haben 2 Kinder zu Hause – das eine aus erster Ehe meine Frau) – habe Arbeit + Studium nebenbei noch… und habe gerne meiner Frau mal ausgeholfen Nachts beim Aufstehen und stillen (Fläschchen – ich habe keine Brust die ich ihm geben hätte können) sonst hätte ich den kleinen so gut wie gar nicht gesehen durch JOB + STUDIUM… ( vom Staat konnte ich keine Hilfe erwartet…. Bafög Berechtigt ?? KEINESFALLS – also Arbeit – Hirn = Gemixter Apfelmus … dank maximal 4-5 Stunden Schlaf pro Tag – jetzt ist es allerdings endlich ein wenig ruhiger

    1. Hallo Dawid,

      Hut ab! Ich finde es toll, dass ihr das gemeinschaftlich wuppt!
      Ich weiß ja auch, dass es irgendwann wieder ruhiger wird. Vielleicht war ich auch schon von einem Sechsjährigen und einer Dreijährigen verwöhnt und bekomme jetzt umso mehr zu spüren, dass mit einem Baby die Uhren (wieder) ganz anders ticken.

      Liebe Grüße, Sophie!

  2. Ich. verstehe. dich. so. gut… gähn…

    Arbeite seit Wochen – ach, was, Monaten! – fast nur noch nachts und fühle mich langsam wie ein Klon meiner selbst. Faszinierend eigentlich, dass man auch auf Apfelmus-Basis akzeptable Arbeit abliefern kann. Es hat sich jedenfalls noch kein Kunde beschwert…

    Treffen wir uns mal aufm Holodeck für eine verdiente Auszeit?

    LG
    Jenny

  3. Ich kenne das auch so gut! Ich habe zwei Troublemaker zu Hause und seit September geht die 4 Jährige nun in einen öffentlichen Kindergarten und der geht nur 3 Stunden! So ist das leider in London! Ich war es schon gewöhnt, dass sie 5 Stunden in eine private Nursery geht und ich in der Zeit nur die Einjährige habe. Nun fühle ich mich wie in einem Zeitraffer: Ich habe viel weniger Zeit und muss im Gegensatz zu vorher nun zusätzlich auch noch ein Mittagessen auf den Tisch zaubern.

    Was das Ganze noch verschlimmert: Ich hatte schon einmal das absolute Gegenteil erlebt: In Hong Kong hatten wir eine Vollzeit-Haushaltshilfe(!), was sehr angenehm war und was ich an manchen Tagen wirklich sehr vermisse! Über unsere Tita habe ich gerade erst einen Post geschrieben :-)

    Liebe Grüße aus London,
    Uta

    1. Hallo Uta,

      ein Kindergarten, der nur 3 Stunden Betreuung anbietet? Was für einen Job soll man denn da machen?
      Hier in Berlin sind wir schon verwöhnt, was die geförderte Kinderbetreuung angeht.

      Liebe Grüße, Sophie!

  4. Hallo,
    oh ja, das kommt mir sehr bekannt vor !
    Meine Nr. 3 ist zwar schon 16 Monate jung, aber ich kann mich den Beschreibungen völlig anschließen – und auch auf das Wachsen des dritten Arms und die Aggregatsrückänderung des Gehirns warte ich bisher vergeblich.
    Lieben Gruß
    Lena

  5. Ich bin erst seit knapp 6 Wochen Mami von dreien – und bisher hatte ich die Illusion, irgendwann (bald! So wenn sie 3 oder 4 Monate ist) würde es besser werden. Tja.
    In meiner nun wohl schon 6 Jahre andauernden Stilldemenz (nicht, dass ich dauergestillt hätte, ist nur die einzige einleuchtende Erklärung für Matschbirne meinerseits) hatte ich die harten Fakten wohl verdrängt.
    Danke fürs Erinnern!

  6. Hallo Leute,

    ich Mama von 4 erwachsenen Kindern sage euch…….man sollte direkt Oma oder Opa werden trotz Arbeit und Haushalt sieht man vieles gelassener……. und die nötige Aufmerksamkeit fällt ganz leicht. ;-)

  7. Ich wollte nach Kind 1.0 (jetzt fast 5 J.) und Kind 2.0 (jetzt 2,5 J ) noch ein 3.0 und habe gratis noch ein Kind 3.1 bekommen. Die Zwillinge sind jetzt noch nicht ganz 9 Monate alt.
    Ich kann nur jedem mit Baby raten, alles gelassener zu sehen. Wir haben keine Großeltern vor Ort…. man kommt nur damit klar, wenn man sich weniger am Tag vornimmt. Und alles auf die Woche gut verteilt. Jeder bekommt hier das, was er braucht, in einem Umfeld, in dem wir Besuch empfangen können, ohne uns schämen zu müssen. Aber es gibt Dinge, die ich nicht mehr mache: Regelmäßig Bügeln! Fernsehen! Und Lesen… manches vermisse ich. Manches nicht. Und sooo viel habe ich dazu gewonnen!

  8. :D Ja! Das kenne ich! Das finde ich klasse! Ich bin seit meiner Kindheit Reinhard May geprägt. Das Apfelbäumchen versüßt uns heute noch den Tag und mittlerweile kann ich das 1:1 unterschreiben

  9. Ich hätte wahnsinnig gerne ein Gerät, das kurz die Zeit einfriert. Und wenn es nur 10 Minuten sind. Meinetwegen auch mit begrenzter Benutzung – einmal täglich wäre schon nett. Wenn alles gerade ganz furchtbar nervig ist und man kurz vorm Durchknallen ist: Zeiteinfrierer raus, Knopf drücken, Tasse Kaffee in Stille trinken. Hach.

  10. im Schwangerschaftskurs unseres ersten Kindes hat eine Hebamme mal gesagt: Ich tue mein Bestes und den Rest lass ich mir schenken!

    Mehr kann man einfach nicht erwarten!

  11. Hallo Anja, als Mama von drei Kleinkindern (also quasi als Leidfreudgenossin) kann ich dir nur beipflichten, an manchen Tagen weiß ich nicht einmal mehr, ob ich eigentlich schon geduscht habe…

    Mein Arbeitsleben vorher war dagegen Pippifax.

    Grüße,
    Valeska

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